CDU St. Leon-Rot

Kräusslich: "Das Aufgeben der Maskenpflicht in Innenräumen birgt ein erhebliches Risiko"

Frühlingsempfang der CDU Rhein-Neckar / Heidelberger Uni-Chefvirologe Prof. Dr. med. Hans-Georg Kräusslich sprach zur Corona-Pandemie

Hockenheim. Was lange währt, wird endlich gut: Als Karl Klein, der ehemalige Kreisvorsitzende der CDU Rhein-Neckar, im Jahr 2020 den Heidelberger Uni-Chefvirologen Prof. Dr. med. Hans-Georg Kräusslich als Festredner für den CDU-Neujahrsempfang 2021 einlud, da konnte keiner wissen, dass eine solche Veranstaltung aufgrund der Auswirkungen der Coronapandemie nicht möglich sein würde. Aus 2020 wurde 2021, doch auch hier machte das Coronavirus allen Planungen einen Strich durch die Rechnung.

Christiane Staab MdL, Prof. Dr. med. Hans-Georg Kräusslich und Moritz Oppelt MdB.Christiane Staab MdL, Prof. Dr. med. Hans-Georg Kräusslich und Moritz Oppelt MdB.

Mittlerweile hatte der Landtagsabgeordnete Dr. Albrecht Schütte das Amt des CDU-Kreisvorsitzenden übernommen, nun sollte Kräusslich auf dem Neujahrsempfang 2022 sprechen, doch auch diese Veranstaltung war nicht durchführbar. Am vergangenen Sonntag (27. März 2022), nunmehr auf dem Frühlingsempfang der Rhein-Neckar-Christdemokraten, war es dann aber so weit: Kräusslich, seit Oktober 2020 Mitglied des von der baden-württembergischen Landesregierung eingesetzten multidisziplinären „Expertenkreises Aerosole“, sprach vor rund 80 Zuhörerinnen und Zuhörern im Kleinen Saal der Hockenheimer Stadthalle. Wissenschaftlich fundiert, unaufgeregt und ehrlich widmete sich der Virologe fast eine Stunde der Entwicklung der Coronapandemie.

Prof. Dr. med. Hans-Georg Kräusslich

27. Februar 2020: Erster COVID-19-Patient wird in der Heidelberger Uniklinik aufgenommen

Startpunkt seiner Ausführungen war der „Patient 1“, ein zum damaligen Zeitpunkt 55 Jahre alter Mann, der keine Vorerkrankungen hatte und keine Medikamente nahm, der im Februar 2020 nach der Rückkehr aus einem Skiurlaub in Südtirol erste Symptome zeigte und am 27. Februar 2020 im Heidelberger Universitätsklinikum stationär aufgenommen wurde. „Dieser Mann war der erste COVID-19-Patient. Ihm ging´s gut, er wollte heim, durfte er aber nicht, weil er positiv auf Corona getestet war. Am Tag 15 hat sich sein Gesundheitszustand dann plötzlich verschlechtert, er hatte große Atemnot und wir mussten entscheiden, ob wir ihn an das Beatmungsgerät anschließen oder nicht. Eine Woche danach hatte er sich wieder erholt, es geht ihm heute gut, er hat keine Spätfolgen.“ Kräusslich skizzierte den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie, die Symptome einer Infektion, die Zunahme der Tests, die steigende Zahl der Erkrankten und die unterschiedlichen Krankheitsverläufe wie auch zugleich die Sorge, ob man genügend Desinfektionsmittel, FFP2-Masken, Beatmungsplätze und Personal habe.

Derzeit sieben menschliche Coronaviren, alle stammen von tierischen Viren ab

Bezüglich der Herkunft des Coronavirus sagte Kräusslich: „Es ist klar, dass der ursprüngliche Vorläufer ein Fledermausvirus ist. Wer auch immer das Gegenteil behauptet, der hat Unrecht. Das heißt nicht, dass das Virus von der Fledermaus direkt auf den Menschen übergegangen ist, das könnte auch über einen Zwischenwirt erfolgt sein.“ Mit Blick auf das Institut für Virologie Wuhan und die damit grundsätzlich verbundene Frage, ob es möglich sei, dass das Virus aus einem biologischen Labor stamme beziehungsweise entkommen sei, führte der Virologe wie folgt aus: „Das kann niemand einhundertprozentig sicher beantworten. Ich versuche immer, wahrheitsgemäß zu sprechen und keine Behauptungen aufzustellen. Was man ausschließen kann, das ist, dass das Virus in einem Labor hergestellt wurde, es ist so nah mit natürlichen Viren verwandt. Können wir ausschließen, dass jemand in einem Labor mit einem Fledermausvirus gearbeitet und sich infiziert hat und damit in die Bevölkerung gegangen ist? Nein, das können wir nicht ausschließen, dazu fehlen uns auch die Informationen.“ Aus Wuhan sei dies verneint worden, aber „die haben uns und auch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) keine Informationen zur Verfügung gestellt.“

Deutschland vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen

Unstrittig sei, dass die Ausbreitung von China aus erfolgt sei. Seit Ende Dezember 2019 bis Ende Februar 2022 seien, entsprechend der Falldefinition und Teststrategie der jeweiligen Länder, 450 Mio. Fälle weltweit erfasst worden. Kräusslich: „Man kann davon ausgehen, dass die Dunkelziffer nochmals so hoch ist, ich würde schon sagen, 1 Milliarde der Weltbevölkerung hat sich infiziert“ – und wir können rund sechs Millionen Todesfälle an oder mit Corona sicher zuordnen.“ Angesichts der Zahlen aus anderen Ländern sei Deutschland vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen. „Und die Zusammenarbeit hier in der Rhein-Neckar-Region mit dem Landkreis und den Gesundheitsämtern kann ich wirklich nur als vorbildlich bezeichnen“, lobte Kräusslich. Anschaulich ging Kräusslich, der Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in der Sektion Mikrobiologie und Immunologie ist, auf Erkältungsviren, auf die Viren SARS-CoV-1 und Sars-CoV-2 und seine Varianten, auf Impfstoffe und mögliche Nebenwirkungen einer Sars-CoV-2-Impfung ein.

Allgemeine Impfpflicht kaum durchsetzbar, aber Impfen schützt vor schweren Erkrankungen

Habe eine Impfung mit einem mRNA-Impfstoff bei der Corona-Wuhan-Variante mit über 90 Prozent vor einer Infektion geschützt, so sei dieser Schutz bei der derzeitigen Omikron-Variante bei unter 50 Prozent. „Ich bin kein Jurist und kein Politiker, von daher äußere ich mich als Virologe nicht zu einer allgemeinen Impfpflicht. Meine private Meinung hierzu ist: Eine allgemeine Impfpflicht, die nicht den Bevölkerungsschutz bewirkt, wird rechtlich kaum durchsetzbar sein.“ Sich impfen zu lassen habe dennoch auch weiterhin höchste Priorität, denn Impfen schütze vor schweren Erkrankungen. Es bestehe immer noch eine ausgeprägte Impflücke von rund zwei Millionen in der besonders gefährdeten älteren Bevölkerung. Kräusslich: „Wir werden wieder mit neuen Varianten rechnen müssen, aktuell sehe ich keine starke Änderung des Infektionsgeschehens. Ich glaube, wir sollten auch das ständige Drohen mit neuen gefährlichen Varianten vermeiden. Wenn etwas kommt, dann müssen wir es ernsthaft ansprechen.“ Abschließend forderte der Heidelberger Uni-Chefvirologe: „Auch bei abnehmender Infektionsrate bleibt der Selbst- und Fremdschutz insbesondere durch das Tragen der in Innenräumen eine weiterhin wichtige Maßnahme, das Aufgeben der Maskenpflicht birgt ein erhebliches Risiko.“

CDU-Kreisvorsitzender Dr. Albrecht Schütte dankte Kräusslich, der auch noch zahlreiche Fragen aus dem Publikum beantwortete, für seinen exzellenten Vortrag. Schütte hatte den Frühlingsempfang, an welchem unter anderem der CDU-Bundestagsabgeordnete Moritz Oppelt (Wahlkreis Rhein-Neckar), die beiden CDU-Landtagsabgeordneten Christiane Staab (Wahlkreis Wiesloch) und Andreas Sturm (Wahlkreis Schwetzingen), der Ehrenvorsitzende der CDU Rhein-Neckar Karl Klein sowie der Honorarkonsul der Republik Estland und ehemalige Bundestagsabgeordnete Prof. h.c. Dr. Karl A. Lamers teilnahmen, eröffnet. Grußworte sprachen der Hockenheimer Oberbürgermeister Marcus Zeitler, der auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Stadt Hockenheim einging, sowie der Hockenheimer CDU-Vorsitzende Patrick Stypa, der die vielfältigen Aktivitäten seines Verbandes darstellte. Nach dem Schlusswort durch Andreas Sturm MdL fand bei bestem Frühlingswetter ein Empfang vor der Hockenheimer Stadthalle statt. (Text/Fotos: Matthias Busse)

Von links nach rechts: Christiane Staab MdL, Hockenheims Oberbürgermeister Marcus Zeitler, CDU-Kreisvorsitzender Dr. Albrecht Schütte MdL, Prof. Dr. med. Hans-Georg Kräusslich, Patrick Stypa (Vorsitzender der CDU Hockenheim), Birgit Fritz (Geschäftsführerin der CDU-Kreisverbände Rhein-Neckar und Heidelberg) und Andreas Sturm MdL.